Samstag, 27. Mai 2006

Nature morte

Sofia Coppola trifft französische Revolution - ein Kulturschock.

Nach The Virgin Suicides und Lost in Translation und den damit verbundenen Überraschungserfolgen fragte man sich zurecht, welches Projekt Sofia Coppola als nächstes in Angriff nehmen würde. Dementsprechend groß war die Überraschung, dass die Tochter des großen Francis Ford sich nicht erneut an einem zeitgenössischen Thema versuchen würde. Die Entscheidung, die Geschichte der letzten Königin Frankreichs zu verfilmen, erschien anfangs als ein Bruch mit ihrem Oeuvre. Bei näherer Betrachtung offenbart sich jedoch, dass Coppola vielmehr ihrem Hauptthema weiterhin treu bleibt, mehr noch: Marie Antoinette ist eine Radikalisierung. Nachdem in the Virgin Suicides eine ganze Gruppe weiblicher Hauptfiguren an der Abschirmung von der Außenwelt zugrunde gingen und in Lost in Translation Scarlett Johanson sich in den Wirren einer fremden Kultur verstrickte, steht auch diesmal wieder ein Charakter im Vordergrund, der von seinem Umfeld in die soziale Isolation gedrängt wird. Bei Coppola ist die Gesellschaft ein Kerker, im vorliegenden Fall repräsentiert von dem strengen französischen Hofzeremoniell, mit dem sich Marie Antoinette nach ihrer Verheiratung mit dem französischen Thronfolger konfrontiert sieht. Ein Hof, der mit seinen Regeln, seinem Prunk und seiner rigiden Tagesroutine einen Ort darstellt, der von der Welt vollkommen abgeschlossen ist. Coppola folgt ihrer Figur in diese weltferne Blase und reduziert sich bei der Darstellung Marie Antoinettes auf die Sicht der Innenwände. Marie Antoinette interessiert sich nicht für Politik oder Religion, sie liegt mit einem Mann im Bett, der von Fortpflanzung keine Ahnung hat und sie offenbart sich als weltfremder Teenager, der in endlosen Bällen und Gelagen versucht, den Zwängen der Etikette zu entfliehen. Gleichzeitig ist es jedoch auch diese Radikalisierung in der Themenentfaltung Coppolas, diese Aussparung der historischen Rahmenbedingungen, die den größten Schwachpunkt des Films darstellt. Eine reine Konzentration auf die Psychologie der Hauptfigur erfordert Fingerspitzengefühl bei der Figurenentwicklung, was hier jedoch nur ansatzweise wirklich gelingt. Der Charakter der „Autrichienne“ (wie Marie Anoinette am fremden Hof hinter vorgehaltener Hand genannt wird) durchlebt sprunghafte Änderungen, die jedoch im Verlauf des Films nur spärlich motiviert werden. Die Evolution von der präpubertär kichernden Infantin, die am Beginn des Films die französische Grenze überschreitet, hin zu der Regentin, die am Ende des Films tapfer zu verstehen gibt, dass ihr Platz an der Seite ihres Mannes sei, vollzieht sich, ohne aus der Handlung erlebbar hervorzugehen. Vielmehr inszeniert Coppola eine Folge von monumentalen Stilleben, in deren Zentrum eine unschuldig lächelnde Kirsten Dunst verloren gegen die Langweile ankämpft. Dabei sind diese Tableaus voneinander so unabhängig, dass sich kaum ein Spannungsbogen ergibt; jede beliebige Einstellung könnte in die französische Revolution münden, jener Revolution, die als vorprogrammiertes Ende vom Zuschauer während des gesamten Films mitreflektiert wird, die Sofia Coppola aber wohl gerne ausgespart hätte. Denn in der Logik ihres Films hat Politik eigentlich keinen Platz. Marie Antoinette ohne historische Rahmenbedingungen, das bedeutet somit einen unmöglichen Spagat. Denn trotz aller Versuche ein neues Licht auf die Figur zu werfen, kann Coppala nicht die Tatsache verleugnen, es mit einer historischen Personlichkeit zu tun zu haben, die schlussendlich Bekanntschaft mit den neuesten Errungenschaften französischer Hinrichtungsmethoden machte. Geringe Zugeständnisse an die Historie sind also unumgänglich. Doch Coppola scheint bei deren Integration in den Film Schwierigkeiten gehabt zu haben. Jene Szenen, in denen Ludwig XVI. (hinreißend besetzt mit Rushmore-Darsteller Jason Schwartzman) naiv politische Entscheidungen trifft, erscheinen gewaltsam aufgepfropft, um das Auftauchen eines wütenden Mobs vor den Toren Versailles irgendwie begreifbar zu machen. Coppola suchte die Darstellung einer reinen Innenwelt, hat jedoch einen Stoff gewählt, der diese Reduzierung per se unterbindet, was den Film schließlich daran hindert, so kompakt und einheitlich zu sein, wie es die beiden Vorgängerfilme waren. Marie Antoinette scheitert daher weniger an seiner Grundidee, sondern vielmehr an seinem Thema.

Donnerstag, 25. Mai 2006

daher der kopfschmerz

nachwuchs in der suhrkamppoptrias

Bild 009

mit der literatur im allgemeinen nun einmal eigenen schnelligkeit war damals, wie sie alle wissen, auch suhrkamp auf die p-wort-welle aufgesprungen und hatte flugs kanonisiert, was eben nicht lediglich kinderkram über oasis, herzscheiße und essbrechsucht war. weil nun leider nicht alles immer bleiben kann, wie es ist, gibt es neben sehr empfindsam alltagsbeobachteten wenderomanen, die macht der sprache fühlenden autobiographischen prosalangtexten von frauen aus ehemaligen sozialistischen diktaturen südosteuropas und dem dreieck geotz-neumeister-meinecke auch iris hanika.

in musik für flughäfen (jaha, zitat erkannt, bitte wieder setzen) verhandelt hanika (*62) so in etwa die handelsübliche befindlichkeit, die man halt so zu haben hat als junger mensch in einer deutschen großstadt, der lebensaltersmäßig eigentlich erwachsen, aber eigentlich mehr so satc-jugendlich ist. ein paar gute oneliner entschlüpfen da den kurztexten natürlich fast zwangsläufig und irgendwie ginge das schon auch ein klein wenig im guten sinn über den klassischen, allgemein verfügbaren antvillesound hinaus, schielten nicht doch ab und an ein paar blöde metaphern und andere literarizitätssignale nach e (so dann also im schlechten sinn).

nun kann man einen hang zum anachronistischen formen ja noch entschuldigen, aber es gibt dummerweise immer noch die inhaltsebene. neben nebensächlichem und diskursarchivierung (als reichte das noch nicht) hat sich da nämlich gift ins kraut gemogelt: dass hanikas icherzählerinnen ausschließlich im nachspielenden zitat des verlassenwerdenschmerzs bestehen können, kann man freundlich gestimmt zwar auch als kritik via überaffirmation des baldrians fürs volk lesen, aber einfach affirmativ auch. als gäbe es die von christiane rösinger entwickelte (und hanika bekannte) neue bitterkeit nicht, wird traumprinzen ironisch nachgeweint, dass es eine art hat, um es mal mit thomas mann zu sagen. naja.

irgendwie bleibt dann nach dem heftchen (wenigstens nicht lang) das gefühl, dass genau das nicht gemeint war damals mit der p-wort-literatur. geben muss es das natürlich trotzdem oder deswegen, man liest ja immer noch lieber weblogtexte als literaturhausliteratur, auch wenn sie blöd sind.

iris hanika

iris hanika: musik für flughäfen, edition suhrkamp, 123 seiten

Mittwoch, 24. Mai 2006

rock im ring

sa 27.mai 20:30 uhr (s.t.) / poetry slam / bierstindl (theatersaal) / feat.: dagmar schönleber, mirco buchwitz, sebastian 23 & volker strübing

letztes mal vor der sommerpause

Dienstag, 23. Mai 2006

doch irgendwas tut schrecklich weh

zu meinem und unser aller bedauern muss ich mitteilen, dass das LOCHINWELT-KONZERT morgen abgesagt ist!
der grund hierfür ist mangelndes organisationstalent. die dame, die uns gebucht hat, hats leider nicht geschafft, eine PA-anlage zu organisieren, und ohne laut gehts halt mal nicht.
also falls nicht irgendwer so auf die schnelle ne pa hat, und die morgen mit nem auto, ebenso wie unser komplettes equipment, ins hutterheim chauffieren kann und will, wirds dann nix.
das leben fragt nicht. hats noch nie und wirds auch nie.
wir hoffen, trotzdem bald mal wieder wo auftreten zu können.
mit freundlichen grüßen und vielen danken an assi,

ihr herr lochinwelt
...ein land kotzt sich aus.

Sonntag, 21. Mai 2006

werdet wieder eine(r) mehr

die weit über ihren erweiterten freundes- und bekanntenkreis hinaus bekannte und geschätzte band loch in welt spielt am kommenden mittwoch, den 24. mai im hutterheim (hutterweg 1a, keine bus/u-bahn-station in der nähe) wieder einmal mehr ihre traurigen liebeslieder mit verzerrtem gesang und slightly off-takt schlagzeug, die zum teil maßgeblich von mir beeinflusst bzw. so ohne mich gar nicht möglich gewesen wären. das ist zumindest meine meinung und die höhe des eintritts entzieht sich meiner kenntnis. kommen sie doch hin, um den altersschnitt des publikums drastisch zu erhöhen.

->mi 24.mai, loch in welt, live in hutterheim-<

Samstag, 20. Mai 2006

greenwood reibt an

waehrend andere musikalisch auf der hoehe der zeit sind, betrachte ich mich eher als musikhistoriker- oder zeitgeschichtler: wir wollen also wieder auf radiohead zu sprechen kommen. Von "I might be wrong" aus dem Album Amnesiac gibts eine schier unbarmherzige Live-Version. wem koennte man diese selbstanklage eher glauben als thom yorke. und jonny greenwood spielt toujour ein primitives riff, aber dermassen herb reibt der kerl an, dem ist ernst dabei. und dann irgendwann nach 2 oder drei strophen loest er das fatal in schoene akkorde auf. bald kann sich thom yorke dafuer erwaermen und setzt ein. wie gewohnt mit kopfstimme, und diese klingt doch klagend, weinerlich und verzagt. Aber kaum gewinnt dieser hoffungsstreif am horizont farbe, zerstoert greenwood die harmonien wieder, mit ruppigem rhythmus kehrt das riff wieder... i might be wrong.

...

wer hat denn schon aller 'n blogr-account? freuen wir uns aufs beta? wird das noch was? lassen wir dann die flickrei und klassische twodayerei und deliciouserei?

Mittwoch, 17. Mai 2006

menschenmachenfotosgegenseitig

es sei hiermit jede/r angesprochen, sich einladen zu lassen, mitglied der jugendbewegung der flickr-group menschenmachenfotosgegenseitig zu werden. wem es sich nicht von selbst erklärt, kann auch fragen.

Dienstag, 16. Mai 2006

...

Nur der Vollständigkeit halber: Photos von Xiu Xiu im wiener Chelsea
Und während ich letztes Jahr in Innsbruck noch viel zu bemängeln hatte (Zitat Jamie Stewart: "After all, it doesn't happen every day that you have a crazy woman in an orange jumpsuit yelling at you."), kann ich diesmal sagen: Danke, es war einfach schön.

.

Donnerstag, 11. Mai 2006

baby you can't drive my car

was schon merkwürdig-unangehm ist, dass zwar früher immer alles besser war und alle jungen menschen im augenblick doch am besten aussehen, wenn sie ungefähr so jung sind, wie man halt ist, wenn man einen führerschein erwirbt und dann dieses gruselkabinett. danke herr winkel.

Montag, 8. Mai 2006

wkidd iv - the next generation

aus der reihe terminankündigungen und selbstausbeutung:

die älteren unter euch werden sich vielleich noch erinnern, dass zwei fast schon post-adoleszente vor einiger zeit bei ihren literaturvermittlungsshows "wie krank ist das denn" mit unvorbereitetheit und einer holprig vorgetragenen, sagen wir einmal post-postmodernen textzusammenstellung jenseits der grenzen zwischen e und u (rainald goetz meets dieter bohlen und das alles nur als vorwand, um die eigene postpubertäts-"poesie" vortragen zu können) zu "glänzen" wussten. (post for weltherrschaft!)

wir selbst glaubten zu wissen, wann es genug ist, aber die anderen wissen es immer besser. am montag, den 15.5. des jahres 2006 nach der fleischwerdung des herrn, geben sich die beiden obgenannten herren also frei nach dem motto "was wurde eigentlich aus..." wieder die "ehre" und bringen von 17:00 - 18:30 uhr ihr schnittig benanntes "programm" "wie krank ist das denn IV - the next generation" im kulturcafé der wirtschaftsuni wien (1.stock, kern b) zur "aufführung" (adresse der wu muss man selber wissen oder googeln).

die bonusse: zwei programmhälften (pop(pen) und rocken), ein star-überraschungsgast aus deutschland liest und die textstrom-anthologie wird zum erwerb bereit stehen. der eintritt ist frei, also kommt bitte zahlreich, und wenn es nur aus mitleid ist und bringt eure "freunde" mit. man darf dabei auch ein "paar" krügerln wegmachen, so ist dann auch nicht so langweilig. keine weiteren informationen

kurzinfos:

wkidd iv - the next generation (+stargast)
mo 15.05.06 17:00 kulturcafé wu wien
eintritt frei

seien sie auch so frei, ihren allfälligen bekanntenkreis in der bundeshauptstadt in kenntnis dieser veranstaltung zu setzen, die modernen technischen telekommnikationsmittel ihrer wahl sind ihnen dabei gerne behilflich.

We are ugly but we have the music

Blog für (Lebens-)Kunst und andere Eigenwilligkeiten

The ones with the sorest throats:


Animal Collective
Merriweather Post Pavilion

Malajube
Labyrinthes

Aktuelle Beiträge

2016
ist hier
mauszfabrick - 6. Jän, 19:43
2013
ist hier.
mauszfabrick - 9. Jän, 15:31
2012
Ist hier.
mauszfabrick - 8. Jän, 15:08
Hi
Die wohl nicht nur für dieses Weblog wichtigste Band...
mauszfabrick - 9. Jän, 20:50
2011
Wie schon 2010 gibt es auch 2011 hier nur die Liste...
mauszfabrick - 29. Dez, 17:30
Announcing DSCI
Es sei darauf verwiesen, dass ich als Prokrastinationsprojekt...
assotsiationsklimbim - 5. Sep, 10:28
kannst oder willst du...
kannst oder willst du mich nicht verstehen? die antwort...
mauszfabrick - 14. Jun, 16:01
die guteste aller zeiten
wie ist das nun, wenn die popkunst IMMER die guteste...
gnomas - 14. Jun, 10:33

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 7422 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 6. Jän, 19:43

Credits


...we have the music
...while scribbling my poetry
Arbeitsgruppe Blogetristik
blogosphere bizarre
Exposition
feel more like a stranger each time you come home
Gesellschaftsverfehlungen
guck doch nicht hin herzchen
gute woerter
hide behind these books i read
I think my spaceship knows which way to go
nicht-redaktioneller teil, dennoch unbezahlt
Seemann, lass das Traeumen
Soma
Text ohne Reiter
weltzustand
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development