Wir werden schon noch handeln
Thomas Meinecke hat ein Buch über sein Plattenregal und ein paar Bücher, die zum Abstützen der Platten an Rand liegen, geschrieben. Es hat mir nicht gefallen, langweilig. Aber ich bin selber schuld. Weil: die Idee ist ja super, und gar nicht so schwer zu verstehen, er erklärt sie eh dauernd:
"die strukturelle Ähnlichkeit zwischen meinem Schreiben und der Musik wäre das Plattenauflegen, wo man über ein paar Stunden ein Set hat, das man vorher niemals wirklich planen kann. Man nimmt sozusagen einen Pool an Tonträgern mit, ist sich aber am Anfang noch nicht bewußt, in welcher Reihenfolge die dann zum Einsatz kommen werden, weiß aber, dass die sich zueinander irgendwie verhalten." (im Standard, 8.Okt'04, linken geht schon wieder nicht.)
Im Plattenkoffen für das 370 Seiten-Set Musik steckten dann wohl die neuesten Culture-Studies-Platten, viel alter Jazz, der neueste R'n'B und 'n büßchen House, und an den leisen Stellen quatschen die Leute die Nachrichtenhitparade von '01/'02/'03 (oder wann das alles war, vergißt man ja so schnell) rein. Altmodischen Unfug wie Handlung (JungsBierUndSchweißRock) oder Figuren (HippieGesäusel) gibt's zum Glück auch nicht mehr, dafür hat der Diskurs ein paar Es zu viel eingeschmissen und schwingt das Tanzbein, dass einem schon so um Seite 20 herum schwindlig wird, während man noch vorsichtig an der Bar sein erster Bier anbricht und der TextSound die Lautsprecher dekonstruiert. Meinecke läßt's krachen, mal ganz normal gesagt. Nur vom Flyer her also die Party des Jahres.
Für die Dummköpfe, die das nicht verstehen und ihre gute alte ehrliche Wettendaßrockmusik wiederhaben wollen, ist sogar noch eine Gebrauchsanleitung dabei. Seite 335 sagt der eine Diskursknotenpunkt Kandis in einem Interview über ihr Schreiben "Es gibt eine vage Vorstellung vom Sound, einer Ästhetik, die sich beim Schreiben, das bei mir in erster Linie eine Mitschrift ist, entwickeln könnte. Aber einen Plan darüber, was passieren könnte, besitze ich nicht. Der analytische Schnitt, nennen wir ihn Querschnitt, den ich für meinen nächsten Roman angelegt habe, könnte auch von einer Suchmaschine vollzogen werden. [...] Am Anfang stehen meine Leute, logisch, immer ein bißchen wie zu früh gekommene Partygäste im Text herum. Aber schon bald stellt sich, unter dem Eindruck der täglich von neuem andrängenden Gegenwart, die ich ja eigentlich protokollieren will und die ja stets alles absolut unvorhersehbar mit sich reißt, ein narrativer, sagen wir: Lufthauch ein."
Ja, gut, klar, geil. So und nicht anders soll ein Roman '04 wohl auch funktionieren. Und anfangs ist das auch geil und interessant, wie Musik hier kracht und die Theory den Tinnitus auffrischt. Aber irgendwann brummt der Schädel und man deckt an Heimgehen und wünscht sich, dass man doch weniger getrunken hätte, oder dass vielleicht doch mal was passiert auch in dem Buch. Oder dass vielleicht doch einmal eine Figur vorkommt. Is aber nich.
Dabei würde man dem DJ nach Tomboy eigentlich ohnedies alles durchgehen lassen, hat sich ja so auf den Abend gefreut. Da ging das doch auch, da habe ich das ganze Buch durchgetanzt, damals auf der irren Bahnfahrt von Wien heim.
Aber diesmal habe ich mich zwar bei jedem Gähner geohrfeigt, weil ich ja gewußt habe, es ist gut, aber es war halt trotzdem langweilig. Aber eben selber schuld, habe es ganz spießig von vorne bis hinten durchgelesen, und immer alles verstehen wollen, dabei wäre das sicher viel lustiger zum immer beliebig aufblättern, ein Kapitel lesen und woanders weiter. Sich seine eigenen Tracks aus den TextBeats basteln. So war das wie ein Ausgehabend bis um 8 Uhr morgens ohne eine Schluck zu trinken. Naja, selber schuld.
(Aber das magazine kaufe ich natürlich trotzdem, so viel ist sicher, da kann es Suhrkamp gar nicht unsympathisch genug bewerben.)
Jedenfalls, Musik, ein Buch wie ein Ausgehabend, der niemals endet. Wird, was man draus macht. Also bitte selber Jugend verschwenden, viele Drogen nehmen, lesen und beurteilen.
Meinecke, Thomas - Musik (Suhrkamp).
"die strukturelle Ähnlichkeit zwischen meinem Schreiben und der Musik wäre das Plattenauflegen, wo man über ein paar Stunden ein Set hat, das man vorher niemals wirklich planen kann. Man nimmt sozusagen einen Pool an Tonträgern mit, ist sich aber am Anfang noch nicht bewußt, in welcher Reihenfolge die dann zum Einsatz kommen werden, weiß aber, dass die sich zueinander irgendwie verhalten." (im Standard, 8.Okt'04, linken geht schon wieder nicht.)
Im Plattenkoffen für das 370 Seiten-Set Musik steckten dann wohl die neuesten Culture-Studies-Platten, viel alter Jazz, der neueste R'n'B und 'n büßchen House, und an den leisen Stellen quatschen die Leute die Nachrichtenhitparade von '01/'02/'03 (oder wann das alles war, vergißt man ja so schnell) rein. Altmodischen Unfug wie Handlung (JungsBierUndSchweißRock) oder Figuren (HippieGesäusel) gibt's zum Glück auch nicht mehr, dafür hat der Diskurs ein paar Es zu viel eingeschmissen und schwingt das Tanzbein, dass einem schon so um Seite 20 herum schwindlig wird, während man noch vorsichtig an der Bar sein erster Bier anbricht und der TextSound die Lautsprecher dekonstruiert. Meinecke läßt's krachen, mal ganz normal gesagt. Nur vom Flyer her also die Party des Jahres.
Für die Dummköpfe, die das nicht verstehen und ihre gute alte ehrliche Wettendaßrockmusik wiederhaben wollen, ist sogar noch eine Gebrauchsanleitung dabei. Seite 335 sagt der eine Diskursknotenpunkt Kandis in einem Interview über ihr Schreiben "Es gibt eine vage Vorstellung vom Sound, einer Ästhetik, die sich beim Schreiben, das bei mir in erster Linie eine Mitschrift ist, entwickeln könnte. Aber einen Plan darüber, was passieren könnte, besitze ich nicht. Der analytische Schnitt, nennen wir ihn Querschnitt, den ich für meinen nächsten Roman angelegt habe, könnte auch von einer Suchmaschine vollzogen werden. [...] Am Anfang stehen meine Leute, logisch, immer ein bißchen wie zu früh gekommene Partygäste im Text herum. Aber schon bald stellt sich, unter dem Eindruck der täglich von neuem andrängenden Gegenwart, die ich ja eigentlich protokollieren will und die ja stets alles absolut unvorhersehbar mit sich reißt, ein narrativer, sagen wir: Lufthauch ein."
Ja, gut, klar, geil. So und nicht anders soll ein Roman '04 wohl auch funktionieren. Und anfangs ist das auch geil und interessant, wie Musik hier kracht und die Theory den Tinnitus auffrischt. Aber irgendwann brummt der Schädel und man deckt an Heimgehen und wünscht sich, dass man doch weniger getrunken hätte, oder dass vielleicht doch mal was passiert auch in dem Buch. Oder dass vielleicht doch einmal eine Figur vorkommt. Is aber nich.
Dabei würde man dem DJ nach Tomboy eigentlich ohnedies alles durchgehen lassen, hat sich ja so auf den Abend gefreut. Da ging das doch auch, da habe ich das ganze Buch durchgetanzt, damals auf der irren Bahnfahrt von Wien heim.
Aber diesmal habe ich mich zwar bei jedem Gähner geohrfeigt, weil ich ja gewußt habe, es ist gut, aber es war halt trotzdem langweilig. Aber eben selber schuld, habe es ganz spießig von vorne bis hinten durchgelesen, und immer alles verstehen wollen, dabei wäre das sicher viel lustiger zum immer beliebig aufblättern, ein Kapitel lesen und woanders weiter. Sich seine eigenen Tracks aus den TextBeats basteln. So war das wie ein Ausgehabend bis um 8 Uhr morgens ohne eine Schluck zu trinken. Naja, selber schuld.
(Aber das magazine kaufe ich natürlich trotzdem, so viel ist sicher, da kann es Suhrkamp gar nicht unsympathisch genug bewerben.)
Jedenfalls, Musik, ein Buch wie ein Ausgehabend, der niemals endet. Wird, was man draus macht. Also bitte selber Jugend verschwenden, viele Drogen nehmen, lesen und beurteilen.
Meinecke, Thomas - Musik (Suhrkamp).
assotsiationsklimbim - 17. Jän, 22:42 - Rubrik: hide behind these books i read
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